Kurzfilme sind keine 5-minütigen-Clickbait-YouTube-Videos, sie sind Meisterwerke, haben meist Charaktere und Handlungen und vermitteln komplexe Inhalte und das in besonders anschaulicher und unvergesslicher Weise. Kurzfilme haben damit einen ganz speziellen Reiz. Aber einen Kurzfilm zu produzieren ist viel schwieriger als einen Fernsehfilm. Man braucht zwar weniger Charaktere und viel weniger Budget, aber sicherlich nicht weniger Zeit zum Drehbuchschreiben. Bei einem stundenlangen Filmwerk kann man erbitterte Konkurrenz, Familienkriege oder einfach nur die klassische Liebesgeschichte ausführlich darbieten und das alles noch mit zehn Nebenhandlungssträngen und 20 Figuren. Bei einem Kurzfilm hast du dafür keine Zeit. Du musst deine Idee auf den Punkt bringen und trotzdem den Zuschauer fesseln und nicht nur das: Der Zuseher soll die wenigen Sekunden bis Minuten nie wieder vergessen dürfen. Also auf ins Abenteuer zu deinem epischen Kurzfilm!
Wenn du Zeit hast: Schau dir doch ein paar von unseren Kurzfilmen an!
1. Dein Film sollte eine Sache aussagen. Nicht mehr, nicht weniger.
Ein ganz wichtiger Grundsatz zu Beginn. Der Kurzfilm erlaubt dir keine komplexen Handlungen einzuführen, die sich langsam immer weiter Richtung Klimax steigern. Wenn du so etwas (z.B. eine Liebeskomödie, einen Thriller, usw.) machen willst, dann ist der Kurzfilm wahrscheinlich nicht der richtige Typ dafür. Kurzfilme bieten die perfekte Möglichkeit eine meist politische Message zu transportieren, eine Botschaft kurz, aber umso prägnanter einem Publikum zu vermitteln. Nimm dir genau eine Sache vor Augen, die dir als wichtig erscheint und die du einem Publikum vermitteln möchtest. Der Kurzfilm wird es deinem Publikum unvergesslich vor Augen führen.
2. Die Zuseher sollten sich mit deinem Thema identifizieren können.
Du hast dir ein Thema ausgesucht, dass dich sehr bedrückt und fasziniert? Das ist ausgezeichnet. Wenn dieses Thema aber nur für dich hochinteressant ist (z.B. die Auswirkungen des 17. Jahrhunderts auf den Zipfelbund), dann lohnt es sich nicht. Der Zuseher sollte sich mit dem Thema identifizieren können. Es muss ihn aber vor dem Film nicht bedrücken, ja nicht einmal bekannt sind, nur danach sollte es ihm mit dem Thema gleich gehen wie dir. Menschen sind Meister im Ausblenden und Kleinmachen von schrecklichen Problemen. Du hast mit deinem Kurzfilm die Aufgabe das Problem den Menschen so groß vor Augen zu führen, dass sie nicht mehr daran vorbeiblicken können. Also, wähle am besten ein Thema, dass dem Menschen zuvor nicht sonderlich wichtig war, und zeig ihm, warum er sich darüber Gedanken machen sollte.
3. Wähle ein komplexes Thema
Bei diesem Punkt zeigt sich ob du das Zeug zum echten Drehbuchautor hast. Dein Problem muss kein einfaches Problem sein, es darf nicht einmal zu einfach sein. Ist dein Problem zu offensichtlich, dann haben es die Menschen wahrscheinlich längst entdeckt und werden sich bei deinem Film langweilen. Für ein sehr komplexes Thema hast du auch keine Zeit. Am besten du nimmst etwas, dass dem Menschen nahesteht, aber er nicht so richtig begreifen kann. Oder etwas, dass ihm eigentlich ganz nahe ist, aber er noch nicht entdeckt hat. Oder du zeigst die komplexen Facetten eines scheinbar einfachen Problems. Das klassischste Beispiel für solch ein Problem ist die Zeit. Sie steht uns so nahe wie nichts anderes, wir können sie aber nicht beherrschen, nicht einmal ganz mit unseren Sinnen begreifen und sie ist unbeschreiblich facettenreich. Die Zeit wurde aber schon so oft porträtiert, dass du dir etwas anderes suchen solltest.
4. Vermittle deine Botschaft bildlich
Wenn du dir ein komplexes, aber doch nahes Thema ausgesucht hast, dann fragst du dich jetzt sicher, wie du es am besten den Leuten erklären kannst. Du kannst keine wissenschaftlichen Grafiken in deinen epischen Kurzfilm schneiden. Du musst also komplexe Themen anders zusammenfassen. Ein Mensch schaut einen Film um Bilder zu sehen, also warum vermittelst du dein Thema nicht bildlich? Du musst z.B. das Waldsterben durch den Klimawandel ja nicht in km² betiteln, viel besser ist es du zeigst Satellitenbilder, die heute mit vor 30 Jahren vergleichen. Bilder sind immer einprägsamer, als kommagenaue wissenschaftliche Essays. Die Wirkung eines Filmes ist mächtig, man muss es nur geschickt nutzen können.
5. Erschaffe deinen Film, als wäre er eine Karikatur
Eine Karikatur macht genau das, was du willst: ein komplexes Thema mit einem Bild auf den Punkt bringen und dabei noch lustig und einprägsam sein. Bei einer Karikatur ist von vornherein klar um was es geht, aber bis man wirklich die Botschaft verstanden hat, braucht es eine Weile. Man muss wohl länger darüber nachdenken. Bei einer Karikatur ist zumeist die Umgebung normal und irgendeine Figur verhält sich speziell darin. Auch umgekehrt, also Figur normal und Umgebung schräg, kommt vor. Aber nie beides und nie keines. Und genau das ist auch wichtig für deinen Film. Entweder deine Figur oder deine Umgebung ist muss speziell sein, die Message muss durch die Spezialität vermittelt werden. Durch diesen Kontrast erhältst du die richtige Mischung aus Unterhaltsamkeit, Besonderheit und Aussagekraft. So deutlich wie in einer Karikatur zu übertreiben würde komisch wirken, die Vermittlung deiner Inhalte sollte unterschwelliger passieren.
6. Mach deinen epischen Kurzfilm bunt
Damit meinen wir nicht die Farben, sondern die Handlung. Nimm Abstand von der ewigen Schwarz-Weiß-Malerei. Wenn sich irgendjemand unbedingt seiner Naivität hingeben möchte, dann kann er genauso gut dem Social-Media-Account einer populistischen Partei folgen. Filme eignen sich perfekt um komplexere Sachverhalte auszudrücken und sie für ein großen Publikum vereinfacht darzustellen, aber eben auch nicht zu einfach, sonst hat dein Drehbuch keinen Mehrwert. Den richtigen Mittelweg zwischen Komplexität und Verständlichkeit zu finden, ist eine Monsteraufgabe. Hier kommt der Charakter ins Spiel.
7. Verwandle deinen Charakter in ein Symbol
Zuerst einmal: Dein Kurzfilm muss nicht unbedingt einen Charakter haben, aber ohne Charakter wird es eben immer mehr zu einem wissenschaftlichen Kurzfilm. Auch diese können bewegend sein, sind aber niemals so einprägsam wie ein Mensch. Komplexe Charakterbildung ist zeitlich nicht möglich. Dein Charakter wird statisch bleiben müssen. Gleichzeitig hat er aber die Aufgabe die gesamte Aussage deines Films zu vermitteln. Dein Charakter kann nicht nur für sich selbst stehen, wie das in Spielfilmen der Fall ist. Deswegen kann dein Charakter eigentlich nur ein Symbol sein, die Verkörperung irgendetwas Größeren (z.B. der Zeit oder des Vergnügens) oder einer Bevölkerungsgruppe (z.B. die Reichen) sein. Im Laufe des Kurzfilms werden dann seine Eigenschaften und seine Grenzen aufgezeigt und interpretiert, was das nun für uns bedeutet. Die maximale Weiterentwicklung deines Charakters im Laufe der Handlung kann die Erkenntnis sein. Diese Erkenntnis muss aber auch gleichzeitig deine Message beinhalten und das Ende des Films bilden. Du kannst auch zwei Charaktere haben, die sozusagen als Gegenspieler agieren, aber mehr als zwei würden wir dir nicht empfehlen.
8. Vergiss die Einleitung und den Schluss
Der klassische Aufbau jedes schriftstellerischen Produktes ist Einleitung, Hauptteil und Schluss. Der Kurzfilm ist aber nicht klassisch, dafür ist er zu kurz. Deswegen lass die Figurenvorstellung am Anfang weg, die Charaktere müssen selbsterklärend sein. Den Schluss wegzulassen ergibt einen ganz besonderen Effekt. Der Zuseher ist gezwungen, sich den Schluss selbst auszumalen und muss so noch eine Weile über das Gesehene nachdenken. Wenn du aber nicht auf einen Schluss verzichten möchtest, mach ihn kurz, prägnant und lass ihn nicht gut ausgehen. Wer würde sonst noch nachher darüber nachdenken?
9. Deine Handlung muss viel einfacher als dein Thema sein.
Du kennst sicherlich diese tragischen Liebesfilme. Nach einem herzzerbrechenden Dialog steht der Hauptcharakter heulend im strömenden Regen und realisiert, dass es doch wahre Liebe war. So sollte dein Kurzfilm eindeutig nicht werden. Wenn die ersten zwei Minuten deines Films ohne Dialog auskommen, dann auch die letzten zwei Minuten. Wenn du bereits einen zweiminütigen Dialog hattest und irgendetwas dabei herausgekommen ist, dann braucht dein Charakter nicht noch zwei Minuten um zu verstehen, was gerade passiert ist. Wie bei einer Karikatur, muss der Zuseher von Anfang an wissen, was passiert. Du solltest natürlich nicht das Ende vorwegnehmen, auch überraschende Wendungen sind erlaubt. Wenn du schon die Handlungsorte wechselst, dann muss das Handlungsorte wechseln die Handlung. Aber die Handlung sollte einheitlich sein. Nicht zuerst ein Dialog, dann ein Gefühl, nicht zuerst eine Draußen-Szene, dann eine Drinnen-Szene. Du musst dir eine einfache, eingängige und einheitliche Handlung überlegen.
10. Mach es nicht zu kompliziert
Wenn du beim Schreiben deines Drehbuchs merkst, dass dein Film alle möglichen Spezialeffekte braucht oder unbedingt im Ausland gedreht werden muss, dann gehst alles in die falsche Richtung. Der Film muss durch seine Besonderheit, durch die Spezialität des Charakters und durch ein dringendes Thema glänzen und nicht durch seine exotischen Spezialeffekte. Zu viel Komplexität bedeutet meistens, dass die Kernbotschaft verloren gegangen ist. Wenn du es nicht zu kompliziert macht, kannst du auch mit geringem Budget viel aussagen.
11. Lass immer etwas passieren
Man könnte meinen, dass Aufmerksamkeit zu halten bei einem fünfminütigen Film viel leichter ist, als bei einem Film in Spielfilmlänge. Irrtum! Bei einem Spielfilm kann man mal langsam in die Handlung reingleiten und wenn man mal kurzzeitig ausgestiegen ist, dann ist man auch gleich wieder drin. Bei einem Kurzfilm muss die Aufmerksamkeit vom ersten Moment bis zum Abspann komplett da sein. Lange Monologe in antiquariater Sprache eignen sich dafür genauso wenig, wie lange Sequenzen ohne Handlung. Bei einem Dialog muss jeder Satz die Handlung voranbringen. Du musst das richtige Mittelmaß zwischen Langeweile und Überforderung finden. Eine genau abgestimmte Hintergrundmusik kann hier sehr gut helfen, genauso wie all die anderen Tipps bisher.
Die wichtigste Frage kommt zum Schluss. Wenn du wirklich mit deinem epischen Kurzfilm jemanden oder etwas in jemanden bewegt hast, dann muss er auch nachher noch darüber nachdenken. Wenn man nicht mehr über deinen Film nachdenkt, gerät er in Vergessenheit. Er gehört dann zu den vielen unnützen fünf Minuten im Leben. Viele Tipps wie du das verhindern kannst, haben wir dir schon gegeben, aber es wirklich umzusetzen hängt von dir ab. Am besten ist es, du schreibst dein Drehbuch einfach mal darauf los, denkst nicht zu viel nach, sondern lasst dich von deinen Gefühlen und Gedanken leiten. Und dann kommst noch einmal hier her und benutzt diese Seite als Checkliste. Hab niemals Angst vor dem Überarbeiten oder was glaubst du wie oft dieser Text hier überarbeitet werden musste, bevor er online gegangen ist?
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Du bist noch immer nicht sicher, wie man einen richtig kreatives Skript schreibt? Einige epische Kurzfilme!
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